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Don t leave footsteps! - drinktec
Dienstag 31 Januar 2012
drinktec 2013: Ressourcenmanagement und regenerative EnergienDon't leave footsteps!
Hinter diesem Imperativ verbirgt sich eine Form des modernen Sportkletterns, bei der möglichst wenig Spuren am Fels hinterlassen werden. Selbst die klassischen betonierten Haken ersetzen diese Kletterer konsequent durch mobile und damit „regenerative“ Klemmkeile. Dieser „Clean climbing“-Gedanke könnte so etwas wie das Credo der zukünftigen industriellen Getränke- und Lebensmitteproduktion werden. Denn auch hier werden die betriebswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zwänge immer größer, den naturbelastenden Fußabdruck des Endprodukts zu minimieren. Welche der dazu notwendigen Innovationen bereits in Griffweite oder sogar schon Realität sind, das zeigt vom 16. bis 20. September 2013 die drinktec, Weltleitmesse für Getränke- und Liquid-Food-Technologie.
In den letzten Jahrzehnten gab es in allen Bereichen der Getränketechnik große Fortschritte mit Blick auf den Ressourcenverbrauch. So sank der Primärenergieeinsatz allein beim größten Verbraucher der Bierbereitung, dem Sudhaus, um deutlich mehr als die Hälfte. Gleiches gilt für den Wasserverbrauch einer Brauerei, der von oftmals zweistelligen Werten auf jetzt etwa fünf Liter pro Liter Bier und weniger fiel. Doch damit nicht genug: Fast alle global agierenden Brau-Konzerne gehen in ihren Umwelterklärungen längst schon weiter. So soll ein Frischwasserverbrauch von drei Liter pro Liter Bier bis 2015, spätestens aber 2020 erreicht sein. Noch ambitionierter sind große internationale AfG-Hersteller, die den „Closed loop“ und damit das 1:1-Verhältnis als Ziel ausgeben.
50 % Sonne, 50 % Biogas
Die Themen Ressourcenmanagement und regenerative Energien betreffen als Querschnittstechnologien praktisch alle Produktbereiche der drinktec 2013 und ziehen sich wie ein roter Faden durch die zwölf Messehallen. Die Solarthermie, also die Produktion von Prozesswärme, ist ein Weg, der bereits 2005 auf der drinktec erstmals vorgestellt wurde. Die seither gemachten Praxiserfahrungen zeigen, dass sich an deutschen Standorten etwa 50 Prozent der notwendigen Wärmenergie einer Brauerei solar gewinnen lässt. Für die fehlenden 50 Prozent Wärme sowie den Strombedarf setzen Aussteller der drinktec 2013 auf eine weitere bewährte Technik – ein Blockheizkraftwerk (BHKW), welches mit Biogas aus der anaeroben Abwasserreinigung betrieben wird. Mit diesem Wärmepool kann über Adsorptionskälteanlagen außerdem der Kältebedarf einer Brauerei gedeckt werden. Auch wenn „Kälte aus Wärme“ relativ innovativ klingt, ist es eine vertraute Technologie. Darüber hinaus kann das Biogas direkt verbrannt werden, um als „Back up“ im Kesselhaus Wärme zu erzeugen.
Wind und Wasser
Je nach Standort können regenerative Energieformen wie Wind oder Wasser jederzeit in den Strom-Mix eingebunden werden. In ländlichen Regionen ist für kleinere und mittelständische Betriebe zudem der Einsatz von solarer Energie in Form von Hackschnitzeln eine attraktive Lösung. Ebenfalls interessant, aber noch nicht gänzlich marktreif sind Windräder zur Erzeugung von Druckluft. Diese lässt sich gut speichern und dann via Generator bedarfsgerecht in Strom wandeln. In Brauereien und Getränkebetrieben ist zudem der direkte und damit höchst effiziente Einsatz der erzeugten Druckluft denkbar. „Diesen Trend hin zu regenerativen Energien wird die drinktec 2013 umfassend widerspiegeln“, erklärt Projektleiterin Petra Westphal: „Und zwar nicht nur in Teilbereichen, sondern für den internationalen Großkonzern genauso wie für die mittelständische Brauerei, den regionalen Brunnen oder die Familien-Molkerei.“
Immer aufs Neue Kreisläufe schließen
Prozesse und Technologien immer aufs Neue zu überdenken und so immer aufs Neue Kreisläufe zu schließen, dieser Algorithmus zieht sich wie ein roter Faden durch die Produktionsbereiche der regenerativen Getränkeherstellung. Ein Beispiel: Biogas besteht in etwa zu 60 Prozent aus Methan und zu 40 Prozent aus CO2. Wird dieses CO2 mit einem neuen Membranverfahren abgetrennt, entsteht Biomethan, das mit seinem hohen und standardisierten Brennwert ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Vor allem Betriebe, welche die aus dem Biogas gewonnene thermische Energie nicht selbst nutzen können, generieren mit diesem Verfahren einen zusätzlichen Profit. Auch das abgetrennte CO2 ist ein echter Wertstoff. Eine Zukunftsvision beispielsweise sieht vor, mit erneuerbarem Strom Wasserstoff herzustellen und diesen mit CO2 in synthetisches Erdgas umzuwandeln. Dieses lässt sich dann in Gasspeichern lagern und je nach Bedarf rückverstromen oder vermarkten.
„Grüne“ CO2 aus Fermentationsprozessen
Stichwort CO2: Gerade in den großen Wachstumsregionen der Welt haben Getränkeproduzenten oftmals keinen direkten Zugang zu geeigneter CO2. Das Ergebnis sind hohe Kosten und große CO2-Footprints, weil die Transportwege entsprechend lang und damit aufwändig sind. Eine Alternative waren bisher so genannte Produktionsanlagen, die Mineralöl oder Erdgas bewusst mit schlechtem Wirkungsgrad verbrennen, um aus dem Rauchgas das CO2 abzutrennen. Das ist freilich keine wirkliche Lösung. Eine echte Quelle für hochreine „grüne“ CO2 sind dagegen Fermentationsprozesse wie die Bierherstellung. Modelle besagen bereits, dass Brau- und AfG-Konzerne ihre Produktionsstätten zukünftig ganz gezielt als räumliche Einheit realisieren werden, um die „grüne“ CO2 optimal gewinnen, aufbereiten und nutzen zu können. Dass die drinktec exakt diesen „ganzheitlichen“ Wissenstransfer auf nur einer Messe bietet, ist eine ihrer Stärken: „Sie ist das Netzt, das alle relevanten Branchen eng zusammenhält“, so Petra Westphal.
Doch sind es nicht nur die großen Visionen, die eine Produktion nachhaltig machen – es ist deren Optimierung bis ins letzte Detail: Die Kette ist bekanntlich immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Die verlässliche Inline-Messung ist beispielsweise ein genauso entscheidendes Puzzleteil in der optimierten Produktionskette wie die richtigen Ventile, Wärmetauscher oder Reinigungsstrategien. Auch in diesen „operativen“ Segmenten bietet die drinktec 2013 alles Wissenswerte aus erster Hand - ist sie doch so facettenreich wie die Herausforderungen der Getränke- und Liquid-Food-Welt selbst.