News |
Lieber auf Nummer sicher - Anuga FoodTec
Donnerstag 23 Februar 2012
Beim Dauerbrenner Lebensmittelsicherheit sind Verbesserungen nie gut genugNie waren Lebensmittel so sicher, abwechslungsreich und qualitativ hochwertig wie heute. Gleichzeitig besteht eine Diskrepanz zwischen den Tatsachen und ihrer öffentlichen Wahrnehmung. Der Industrie bleibt dabei nur, offen zu kommunizieren, objektiv zu informieren und auf moderne und hochwertige Sicherheitstechniken zu setzen.
Einzelfälle in punkto Lebensmittelsicherheit- und -hygiene, von denen manche tatsächlich skandalös sind, empören immer wieder die Öffentlichkeit. Beispiele sind der aktuelle Fall Müller-Brot, bei dem es um Hygienemängel ging, oder der schon etwas zurückliegende Fall Harles und Jentzsch, bei dem Dioxin-belastete Fette, die nicht für die Futtermittelproduktion zugelassen waren, für eben diese verwendet wurden und so ihren Weg in die Nahrungskette fanden. Gegen Produzenten, die ihre Pflichten verletzen oder vorsätzlich kriminell handeln, wird es letztlich nie einhundertprozentige Sicherheit geben. Aber oft wird auf Basis gravierender Einzelfälle Politik gemacht, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. In der Folge setzt sich die Tendenz zur Skandalisierung statt zu Information und wissensbasierter Problemlösung durch. Dagegen ist die überwiegende Mehrheit der vorbildlich und vorschriftsmäßig arbeitenden Lebensmittelhersteller weitgehend machtlos. Ihnen bleibt nur, mit objektiven Informationen in die Offensive zu gehen, ohne dabei zu vergessen, dass das Thema Lebensmittel in der Öffentlichkeit sehr emotional wahrgenommen und dargestellt wird. In jedem Fall müssen sich die Lebensmittel produzierenden Unternehmen darauf einstellen, dass ihr Handeln für die Öffentlichkeit auch ohne ihr Zutun immer transparenter wird. Sei es durch die Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes, staatliche und private Online-Bewertungsportale oder die Anprangerung durch NGOs und Verbraucherverbände. Laut einer aktuellen Studie der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ist 96 Prozent der Deutschen Verbraucher der Geschmack eines Lebensmittels am wichtigsten. Mit 93 Prozent ganz dicht auf Platz zwei folgen Sicherheit und Gesundheit. Das ist ein klarer Auftrag an die Lebensmitteindustrie.
Harmonisierung der Bestimmungen
In der Tendenz haben neue Gesetze, Bestimmungen, Verordnungen und verschärfte Regelungen bisher nicht für die gewünschte Klarheit auf dem Feld der Lebensmittelsicherheit gesorgt. Daher muss sich der Trend zu länderübergreifender Harmonisierung und Vereinheitlichung fortsetzen. Diesem Thema widmet sich zum Beispiel die Globale Harmonisierungs-Initiative (GHI), die 2004 von der Auslandsabteilung des US-amerikanischen Instituts der Lebensmitteltechniker (Institute of Food Technologists, IFT) und dem europäischen Verband für Lebensmittelwissenschaft und -technologie (European Federation of Food Science and Technology, EFFoST) ins Leben gerufen wurde und sich auf unparteiischer Basis für die weltweite Harmonisierung der Vorschriften für die Lebensmittelsicherheit einsetzt. Sie will an glaubwürdigen und wissenschaftlich fundierten Belegen arbeiten, mit denen weltweit in objektiver und positiver Weise Einfluss auf die Politikgestaltung genommen werden kann.
Technische Kontrollmaßnahmen
Fremdkörper haben im Produkt nichts zu suchen und Verpackungen, die in den Verkehr kommen, müssen einwandfrei sein. Das versteht sich von selbst. Das Spektrum an Maßnahmen, um diesen Teil der Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, entwickelt sich ständig weiter. Neben den gut eingeführten Metalldetektoren stehen hierfür auch Röntgeninspektionssysteme, die es mittlerweile auch als "Einsteigermodelle" gibt und verschiedene optische Erkennungssysteme zur Verfügung. Letztere werden mit fortlaufender Verbesserung der Kameratechnik immer leistungsfähiger und das Ende der Einsatzmöglichkeiten ist längst nicht erreicht. In Zukunft sollen auch Millimeterwellen für die Lebensmittelkontrolle genutzt werden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR in Wachtberg haben mit dem Materialscanner SAMMI, was die Abkürzung für Stand Alone MilliMeter wave Imager ist, jetzt ein Gerät entwickelt, das mit einer Breite von 50 und einer Höhe von 32 Zentimetern nicht größer ist als ein kompakter Laserdrucker. Nichtmetallische, nichttransparente Stoffe stellen für den Scanner kein Hindernis dar. Er eignet sich sowohl für die industrielle Produktkontrolle und Qualitätssicherung als auch für die Materialanalyse im Labor und macht auch kleinste Materialunterschiede sichtbar, die im Röntgenbereich verborgen bleiben. Anders als ein Röntgenscanner unterscheidet das Gerät beispielsweise zwischen unterschiedlichen Füllungen von Pralinen oder Gummimischungen, die eine ähnliche oder identische Absorption aufweisen. Im Gehäuse des Systems sind auf zwei sich gegenüber liegenden rotierenden Scheiben je eine Sende- und eine Empfangsantenne angebracht. Ein Förderband fährt die Probe zwischen den Antennen hindurch, wobei diese elektromagnetische Wellen im Hochfrequenzbereich von 78 GHz senden. Die verschiedenen Zonen der Probe dämpfen das Signal mit unterschiedlicher Intensität. Dadurch werden die diversen Materialzusammensetzungen einer Probe als Kontrastunterschiede angezeigt.
Künftig wollen die Forscher das System für Terahertzfrequenzen von 2 THz aufrüsten. Dann können nicht nur unterschiedliche Strukturen erkannt, sondern auch Kunststoffe bestimmt werden. Derzeit wird der Millimeterwellensensor für den Einsatz in industriellen Produktionslinien angepasst. Das Ziel ist eine Produktgeschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde.
Neue Untersuchungsmethoden
Ein weiteres Fraunhofer-Projekt der Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT in München eröffnet Perspektiven für den Einsatz neuartiger Nanosensoren in der Lebensmitteuntersuchung. Sie machen mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen den ATP-Gehalt menschlicher und tierischer Zellen sichtbar und erlauben so Rückschlüsse auf die Stoffwechselaktivität, also den Gesundheitszustand der Zellen und damit auf den schädigenden Einfluss zugegebener Stoffe. Die Nanopartikel genügen hohen Ansprüchen: Sie sind nicht giftig für Zellen, passieren problemlos die Zellmembran und lassen sich sogar gezielt dorthin transportieren, wo die Testsubstanz detektiert werden soll. Das Verfahren, welches ursprünglich Tierversuche ersetzen sollte, wird nun für andere Einsatzzwecke weiterentwickelt, beispielsweise um die Qualität und Genießbarkeit von verpacktem Fleisch zu ermitteln. Hierfür wurden Nanosensoren entwickelt, die die Konzentration von Sauerstoff und toxischen Aminen bestimmen können.
Zur Detektion und Analyse von Biofilmen insbesondere in unzugänglichen Teilen von Produktionsanlagen wird von verschiedenen Forschungseinrichtungen an der Entwicklung praxistauglicher Online-Biofilmsensoren gearbeitet, die eine deutlich detailliertere Beurteilung der vorhandenen Mikroorganismen und ihres Stoffwechselzustandes ermöglichen sollen als bisherige Verfahren und auch biofilmbedingte Veränderungen der Oberflächeneigenschaften in Produktionsanlagen detektieren können. Hier werden in den kommenden Jahren neue diagnostische Möglichkeiten einen erweiterten Blickwinkel auf die Sicherheit und Hygiene von Lebensmitteln und Anlagen eröffnen.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass neue und erweiterte Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensmittelsicherheit zwar Investitionen erfordern, die sich auf die Verbraucherpreise auswirken können. Andererseits ist aber längst ein Megatrend ins Rollen gekommen, dessen Ende nicht absehbar ist: billig, billig war gestern. Für sichere Lebensmittel, die unter fairen und nachhaltigen Bedingungen produziert werden, ist der Verbraucher auch bereit, etwas mehr Geld auszugeben.
Vom 27. bis 30. März 2012 trifft sich die internationale Lebensmitteltechnologie-Branche wieder zur Anuga FoodTec in Köln. Die Anuga FoodTec bietet der internationalen Lebensmittelwirtschaft eine Informations- und Beschaffungsplattform, die den gesamten Technologie- und Investitionsbedarf für die Produktion aller Bereiche der Food-Industrie abdeckt. Mit fast 1.300 ausstellenden Unternehmen aus 35 Ländern verzeichnet die Anuga FoodTec eine neue Rekordbeteiligung. Und auch bei der Ausstellungsfläche kann die Veranstaltung kräftig wachsen. Die Anuga FoodTec wird gemeinsam von der Koelnmesse GmbH und der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) veranstaltet.